Titelbild 24022004

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Bambusschädlinge in Europa

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Vorbemerkung

Ein Gespinst geht um in Europa – das Gespinst des Milbismus. Alle Mächte des alten Europa haben sich zu einer heimlichen Hetzjagd gegen dieses Gespinst verbündet, der Bambus-Papst-Nord und der Zar-Süd, Münst und Greiner, französische Kammerjäger und deutsche Baumpolizisten.

Zweierlei geht aus dieser Tatsache hervor:

Der Milbismus wird bereits von allen europäischen Bambusmächten als Macht anerkannt.

 

So könnte die Einleitung zu einem berühmten Manifest gelautet haben, wenn sich die Verfasser zum Sprecher jenes kleinen, unterdrückten Bambusblattsaugers gemacht hätten. In der Tat scheint sein Vormarsch in europäischen Bambusgärten ebenso unaufhaltsam wie gefürchtet, wenn man die Berichte aus den letzten Monaten gewichtet. Erstaunlich nur, dass dies in der Bambusöffentlichkeit bisher kaum ein Thema ist. Hier deshalb ein kleiner Zwischenstand.

 

Geschichte

Bis vor wenigen Jahren waren Schädlinge am Bambus weitgehend unbekannt undgrößeres Bild unbedeutend. Ich selbst hatte in 21 Jahren nie einen Schädling in meinen Beständen – welch glückliche Bambuszeiten! Zwar berichteten Oehmig / Pieronek bereits im Bambus-Brief 3/95 von Blattlausattacken auf Bambus, doch traten die Schädigungen durch die aus Ostasien eingeschleppten Spezies nur vereinzelt auf und richteten begrenzten Schaden an. Anders scheint es sich nun bei dem von Steffen Greiner erstmals im Bambus-Journal (1/2006) mutig und gründlich beschriebenen Milbenphänomen zu entwickeln. Hier vollzieht sich der Befall der Bestände offensichtlich bedeutend schneller und umfassender und in der Bambusszene geht man davon aus, dass nur noch wenige Bambusgärten völlig frei von diesen Plagegeistern sind.

 

Auswirkungen

größeres BildDie Milben, eingeführt durch den kommerziellen Handel und mangelnde Sorgfalt bei der Quarantäne, bevölkern in Massen die Unterseite der Bambusblätter, spinnen dort schützende Nester und saugen am Blatt. Dadurch kommt es zu gut sichtbaren Blattaufhellungen, die das gesamte Blattbild der Pflanze chlorotisch wirken lassen können. Wie stark diese optische Beeinträchtigung sein kann, musste ich jüngst in größeres BildNorditalien schockiert feststellen: ein noch vor 2 Jahren prachtvoller nigra-Bestand auf der Isola Madre zeigte sich in jämmerlichem Zustand (s. Fotos) und lässt erahnen, was auf die mitteleuropäischen Bambusbesitzer zukommen kann. Allerdings muss davon ausgegangen werden, dass es nicht nur zu optischen Beeinträchtigungen kommt, sondern auch zur Beeinträchtigung der Wuchsleistung und Vitalität.

 

Verbreitung / Bekämpfung:

„Leider ist bei dem gegenwärtigen Verbreitungsgrad die flächendeckende Ausbreitung des Schädlings mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nur eine Frage der Zeit. Erschwerend kommt hinzu, dass durch Pflanzenschutzmaßnahmen in produzierenden Betrieben die Milben zwar in ihrer Population so weit reduziert werden, dass keine Schäden sichtbar sind, die Pflanzen aber dadurch nicht völlig frei von Milben sind und diese sich beim Käufer wieder ungestört vermehren können.“ (Greiner, Bambus-Journal 1/06)

„Bei der Bekämpfung scheint es also noch kein Patentrezept zu geben, hier ist noch viel Pionierarbeit zu leisten.“ (Greiner, ebendort)

 

Tipps:

Da das Problem bei den Bambussammlern kaum ein Thema und der Bambushandel Teil des Problems ist (s.o. Greiner BJ 1/06), hier ein paar Tipps nach meinem derzeitigen Wissensstand:

 

  • 1. Ãœberprüfen Sie gründlich Pflanzen aus dem Mittelmeerraum, besonders Italien, da der Befall dort sehr hoch ist.
  • 2. Sprechen Sie mit Ihrem Anbieter über das Problem und bewerten Sie seine Reaktion. Händler, die in den letzten Jahren oft im asiatischen Raum waren und von dort Pflanzen importiert haben, scheinen ebenfalls besonders bedenklich.
  • 3. Versuchen Sie, Pflanzen aus jenen Beständen zu bekommen, die noch milbenfrei sind!
  • 4. Beobachten Sie Pflanzen aus unsicherer Herkunft und stellen Sie sie ggfs. unter Quarantäne.
  • 5. Sollten Sie einen Milbenbefall Ihrer Pflanzen bemerken, dann kann ich nur raten, die Diskussion in den Internet-Fachforen zu verfolgen und nach den dortigen Tipps Bekämpfungsversuche zu unternehmen. Allerdings gilt: VORBEUGEN IST BESSER ALS HEILEN! 
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  • Fazit:

    Durch „die Gnade der frühen Geburt“ (Steffen Greiner) ist mein tropisch inspirierter Bambusgarten immer noch frei von allen Milben, womit ich mich als Bewohner einer Bambusinsel der Glückseligen fühlen darf – allerdings wohl nur auf Zeit, folgt man der düsteren, aber augenscheinlich realistischen Prognose Greiners. Es bleibt zu hoffen, dass nach den dubiosen Umständen der natürlichen Bambusblüte in den 90igern („Schnitt, Düngung, Wässerung“ und Verkauf bis auf den letzten Drücker), den Vorfällen um die „Kranich-Blüte“ („blühsicher für die nächsten 80 Jahre“) und dem aktuellen Desaster um laborvermehrten Bambus hier kein weiterer, kommerziell motivierter Schatten auf den Bambus fällt. Sehr groß könnte die Versuchung sein, Bestände als gesund zu verkaufen, die sich hinterher doch nicht als ganz Schädlingsfrei erweisen.