Titelbild 24022004

 Bambuswahl  - Bambusqual?

Bambus des Jahres“,  „Der Schönste unter den besonders Harten“,  „Blühsicher für die nächsten 80 Jahre“,  „Traumhaft schöner Solitär“  -  mit solchen und ähnlichen Superlativen wird dem Bambusinteressenten das Riesengras oft angepriesen.

Damit der Kopf nicht allzu sehr raucht und die Bambuswahl für den Neueinsteiger nicht zur Qual wird, möchte ich hier meine wichtigsten Tipps und Erfahrungen weitergeben – allerdings ohne Gewähr....

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Ph. violascens, junger Halm

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Phyllostachys coloroides

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Ph. nigra

1. Welches ist der richtige Bambus für Ihre Gartensituation?

 

Natürlich wird der persönliche Geschmack hierbei eine wichtige Rolle spielen und dafür lassen sich ja bekanntlich keine Kriterien entwickeln. Gefallen die Halmfarbe, -dicke, -höhe, Blattmasse und –farbe und der Habitus einer Bambusart, dann sind das gewiss sehr wichtige Entscheidungskriterien und – ich spreche aus Erfahrung – andere, manchmal sehr vernünftige Kriterien treten in den Hintergrund. Allerdings kann die Berücksichtigung solcher vernünftiger Gesichtspunkte oft Enttäuschung ersparen und die Freude am Bambus langfristig erhöhen.

 

Grundsätzliches:  Bambus ist nach meinen Erfahrungen keine Pflanze für Gartenmuffel. Sie macht im Jahresverlauf einige Arbeit und erfordert einiges an Zuwendung und Engagement, wenn sie wirklich schön wirken soll. Dies gilt insbesondere für Arten, die starke unterirdische Ausläufer treiben.

 

Ganz entscheidend für die richtige Wahl ist Ihre persönliche Gartensituation.

Bevorzugen Sie einen bestimmten Gartenstil?

Für einen asiatischen Garten  z. B. würde man eher aufrecht wachsende Arten mit dezenter Blattmasse und nicht zu dicken Halmen wählen, am Teich können sie aber auch üppig fallen.

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Im mediterranen Garten können die Halme kräftiger und farbiger sein, wobei ein feingliedriges Laub als schöner Kontrast wirktgrößeres Bild

 

Szenen aus dem Garten der “Villa Eitelli” in der Nähe von Frankfurt

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Im tropisch inspirierten Garten setzen locker wachsende, kräftige Halme in verschiedenen Farben mit einer üppigen Laubmasse und auch größere Blätter besondere Akzente.

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Natürlich können sich auch Überschneidungen zwischen den Stilen ergeben und der Experimentierfreude sind keine Grenzen gesetzt.

 

Trotzdem wird sich eine weitere Frage stellen: Soll der Bambus in Ihrem Garten im Hintergrund wirken oder eine Hauptrolle spielen?

Als Hintergrund, z. B. zum Sichtschutz oder um einen unschönen Gartenteil zu verdecken, muss der Bambus in erster Linie die gewünschte Funktion erfüllen, also z. B.  blickdicht sein und eine gewisse Höhe erreichen / einhalten. Nicht jede Art erfüllt diese Bedingungen.

Als Hauptrolle muss der Bambus optisch und in Beziehung zur Gartensituation überzeugen, sozusagen der Star sein, sei es in Gruppenpflanzung oder als Solitär. Gerade hierzu bedarf es einiger Erfahrung bei der Auswahl bzw. guter Beratung, denn manche kataloggepriesene Art entfaltet nur unter bestimmten Bedingungen (z. B. Platzangebot, Kleinklima...) ihre wahre Schönheit.

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Ebenfalls eine entscheidende Frage ist: Darf der Bambus Ausläufer machen oder soll er am Platz bleiben? (s. auch Kapitel „Bambus eingrenzen – aber wie?“)

Dieser Aspekt verknüpft sich sehr stark mit der Entscheidung in den obigen Fragestellungen und mit Ihren räumlichen Möglichkeiten. Horstbildende Bambusgattungen, z. B. Fargesien,  sind in Pflanzung und Pflege zwar erheblich einfacher, bieten aber nicht die Gestaltungs- und Formenvielfalt der Phyllostachys (s. auch Kapitel „Fargesia-Phyllostachys: ein Vergleich“). Eine gute Beratung bei der Auswahl weist auf diese Vor- und Nachteile hin.

 

Ein weiteres Entscheidungskriterium ist die Winterhärte eines Bambus – ein auch unter Bambushändlern und –sammlern recht strittiges Thema (s. auch Kapitel „Winterhart – Wintergrün“ auf dieser HP). Hier sollten Sie versuchen, Auskünfte zu den folgenden Fragen einzuholen:

  1. Passt die angegebene Winterhärte zu den klimatischen Bedingungen Ihrer Region?
  2. Soll Ihr Bambus unbedingt wintergrün bleiben? Dann ist es ziemlich realistisch, von den Katalogangaben 8 bis 12°C abzuziehen.größeres Bild
  3. Wie standfest ist der gewünschte Bambus bei Nassschnee? Viele Bambusarten biegen sich bis zum Boden herunter und hängen weit zum Nachbarn oder zur Straße über, manche (z. B. Ph. vivax ‚Aureocaulis’) brechen sehr leicht.
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  4. Wie erholt sich ein Bambus nach einem „Killerwinter“? Hierbei gibt es zwischen den Arten bedeutende Unterschiede. Meine eigenen Erfahrungen habe ich unter „Regeneration nach Winterschäden“ zusammengefasst.

 

Dies sind nach meinen Erfahrungen die wichtigsten Kriterien für eine überzeugende Bambuswahl für Ihre spezielle Gartensituation. Haben Sie hier Ihre Entscheidung getroffen, stellt sich die 2. Frage:

 

2. Was ist beim Pflanzenkauf zu beachten?

 

Neben den allgemeinen Regeln des Einkaufs (Preis-/Leistungsverhältnis, Beratung, Lieferbedingungen usw:) gibt es einige spezielle Erfahrungen beim Bambuskauf, die ich hier kurz darstellen möchte:

    1. Wenn ich die Wahl habe, ziehe ich eine in hiesigem Klima gewachsene Pflanze einem Südimport aus Italien oder Spanien eindeutig vor (bessere Akklimatisierung besonders in den ersten 2 Wintern).
    2. Microvermehrte Bambuspflanzen (Meristemvermehrung) zeigen bei Zuwachs und Habitus deutlich schlechtere Ergebnisse. Ich rate deshalb vom Kauf aus solcher Produktion ab.
    3. Ein in der richtigen Jahreszeit frisch abgestochener Bambus entwickelt sich am neuen Standort oft schneller als manche Containerpflanze.
    4. Bei Containerpflanzen zeigen die Verkaufsgrößen 80 – 100cm (Fargesien) und 100 - 150cm (Phyllostachys) ein recht günstiges Verhältnis von Preis und Zuwachsleistung.
    5. Containerpflanzen, die viel zu lange im Topf gestanden haben, entfernen sich am neuen Standort oft erst nach Jahren von ihrem Platz. Wenn Sie die Möglichkeit haben, sollten Sie auf den Kauf solcher Pflanzen verzichten.
    6. Zur aktuellen Blüte der Sämlinge von Fargesia murielae (Kranich, Phönix usw.) und den mehr als dubiosen Begleitumständen ein Zitat aus der Stellungnahme des Vorstandes der Europäischen Bambusgesellschaft:

„Die EBS-D macht da jedenfalls nicht mit, wir distanzieren uns bis auf weiteres von jeglicher Sortenempfehlung bei Fargesia murielae und nitida.“ (Bambusjournal 4/2003, S. 3)

Wenn Sie also unbedingt einen Sämling des guten, alten Gartenbambus setzen wollen, dann ist Vorsicht geboten. Leider sind auch aus unseren Mitgliedsbetrieben in Blüte gekommene Pflanzen geliefert worden. Mein Tipp: besorgen Sie sich bei einem Bambusfreund den Ableger eines von ihm selbst gezogenen Sämlings – die Chance ist sehr groß, dass er gartentauglich und blühsicher ist!!!

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Ich hoffe, dass Ihnen diese Hinweise bei Auswahl und Kauf Ihres Bambus hilfreich sind und wünsche Ihnen viel Erfolg und Spaß mit dem Riesengras!

 

Faszination Bambus